QUARTALSZAHLEN: ELON MUSK: WER DARAN NICHT GLAUBT, SOLLTE KEIN TESLA-AKTIONäR SEIN

Der kalifornische Fahrzeughersteller hat die Erwartungen klar verfehlt. Trotzdem ging die Aktie im nachbörslichen Handel kräftig nach oben – aus einem Grund, der auch für das Werk in Grünheide positiv ist.

Teslas Zahlen des ersten Quartal sind wie erwartet ernüchternd. Neun Prozent Umsatzrückgang – der größte seit über einem Jahrzehnt, schlimmer noch als zu Zeiten der Pandemie. Der Profit ist gegenüber dem Vorjahr um über die Hälfte eingekracht, fast vierzig Prozent davon stammen aus dem Emissionshandel. Tesla entlässt derzeit weltweit zehn Prozent seiner Mitarbeiter.

28 Tage braucht Tesla derzeit weltweit im Schnitt, um seine Fahrzeuge an den Kunden zu bringen. Vor einem Jahr waren es nur 15. Der Konzern hat zwar noch immer 26,6 Milliarden Dollar auf der hohen Kante. Aber erstmals seit langem wurde im zurückliegenden Quartal kein Geld addiert, sondern Mittel flossen ab – rund 2,2 Milliarden Dollar in den ersten drei Monaten des Jahres. Zugleich warnt Tesla, dass die Wachstumsraten bei den produzierten Fahrzeugen in diesem Jahr erheblich niedriger als im Jahr 2023 sein könnten, wegen des Starts neuer Fahrzeuggenerationen.

Und wie wirkte sich das auf die Tesla-Aktie aus? Sie legte im nachbörslichen Handel um fast elf Prozent zu. Grund ist, dass Tesla entgegen anderslautenden Gerüchten weiterhin am Start neuer Fahrzeuge arbeitet, die preislich günstiger als die bisherigen sein sollen. Mehr noch: „Wir haben unsere künftige Fahrzeugpalette aktualisiert, um die Markteinführung neuer Modelle zu beschleunigen“, bekräftigt Tesla-Chef Elon Musk. Und er ist zuversichtlich, nicht erst Mitte 2025 mit der Produktion zu beginnen, sondern sogar schon Ende des Jahres. Diese Modelle sollen auf den derzeitigen Produktionslinien „viel effizienter“ hergestellt werden. Was auch eine gute Nachricht für das Werk in Grünheide ist.

Und den Schluss zulässt, dass Tesla-Chef Musk in diesem Jahr nicht nur sein Robotaxi vorstellen wird (am 8. August), sondern vielleicht auch das sogenannte Model 2, das preislich angeblich bei unter 25.000 Dollar liegen soll. Auch wenn es nicht auf einer neuen Plattform gebaut wird. Das treibt die Aktie, denn nur mit günstigeren Modellen, meinen Analysten, kann Tesla seine hochgesteckten Produktionsziele von zwanzig Millionen Fahrzeugen im Jahr 2030 erreichen.

Tesla will neue Modelle präsentieren

Aber was genau meint Tesla mit „neuen Fahrzeugen“. Ist es vielleicht doch nur das Robotaxi, das Musk in ein paar Monaten vorstellen will?

Auffällig ist, wie wenig der Konzern dazu preisgibt. Toni Sacconaghi, Analyst von Bernstein, wollte es bei der Diskussion der Quartalszahlen genauer von Musk wissen. Sind das nur Verbesserungen bestehender Modelle so wie bei der gerade vorgestellten neuen Variante des Model 3? Oder handelt es sich um ganz neue Modelle, die es noch nicht im Portfolio gibt? Vor allem, weil sie auf bestehenden Produktionslinien hergestellt werden sollen. Bisher war der Plan, das Model 2 in einer neuen Fabrik in Mexiko herzustellen.

Doch der Tesla-Chef gab ihm eine kalte Abfuhr. „Wir haben alles gesagt, was wir dazu sagen wollen.“ So schmallippig wie Musk reagierte, umso mehr Zeit nahm er sich, um über sein Lieblingsthema zu parlieren: Autonomes Fahren. Inklusive dem Rat, das sogenannte Full Self Driving, das Tesla in Nordamerika anbietet, selbst auszuprobieren. In dem Modus fährt das Fahrzeug selbst, aber der Fahrer muss immer noch jederzeit eingreifen können, es ist also rein von der Definition her ein Fahrassistenzsystem. Aber laut Musk erlaubt es trotzdem einen Blick in die Zukunft. „Wer FSD nicht ausprobiert hat, kann unser Unternehmen nicht verstehen“, behauptet er. Darin liege die ganz große Wachstumschance. Tesla sei kein Fahrzeughersteller, sondern ein Anbieter künstlicher Intelligenz und Robotik. „Benzinautos, die nicht autonom sind, werden in Zukunft so sein, als würde man ein Pferd reiten und ein Klapphandy benutzen.“

Der humanoide Roboter Optimus, an dem Tesla außerdem arbeitet, habe ein größeres Potential als die gesamte Fahrzeugproduktion. Musk hat Hoffnung, die ersten Exemplare schon im nächsten Jahr verkaufen zu können.

Elon Musk will Teslas zu Robotaxi aufrüsten

Und er sattelte noch einen drauf. Wer nicht glaube, dass Tesla die Herausforderung beim autonomen Fahren lösen werde, „sollte kein Tesla-Aktionär sein.“

Musk bekräftigte zugleich, dass er weiterhin dabei bleibe, dass für das autonome Fahren Informationen von Kameras ausreichten. „Genauso wie sich ein menschlicher Fahrer orientiert“, bekräftigt Musk. Was bedeutet, dass das Robotaxi, an dem der Konzern gerade arbeitet, auch nur mit Kameras auskommen wird und auf Radar und Lidar verzichten wird. Mit dieser Überzeugung steht Musk weiterhin allein in der Branche. Mehr noch: Er wiederholte seine Ankündigung, dass künftig interessierte Tesla-Besitzer ihre Fahrzeuge in die Robotaxi-Flotte des Konzerns einklinken können, um damit zusätzlich Geld zu verdienen. Eigentlich hatte er das schon für Ende 2020 in Aussicht gestellt.

Inzwischen hat er noch einen draufgesetzt. Wenn die Teslas nicht für Fahrten eingesetzt werden, sollen sie als ein „KI-Rechenzentrum dienen, das über die gesamte Welt verteilt ist.“

Was jedoch die Frage aufwirft, warum Musk ein spezielles Robotaxi auf den Markt bringen will. Wie wird es sich von normalen Teslas unterscheiden, wenn angeblich jeder moderne Tesla zum Robotaxi aufgerüstet werden kann? Oder wird es sich einfach um geräumigere Fahrzeuge handeln, die auf Lenkrad und Pedale verzichten? All das wurde am Dienstag nicht adressiert.

Klar ist: Musk geht wie immer auf volles Risiko. Und nimmt dafür in Kauf, weiterhin Versprechen zu brechen. So hatte er mal angekündigt, dass die FSD-Funktion im Preis künftig nur noch steigen würde. Das ist nicht der Fall. In Nordamerika wurde der Preis gerade von 12.000 Dollar auf 8000 Dollar gesenkt und das Abo von 199 Dollar auf 99 Dollar. Zudem kriegen alle Teslas ab Baujahr 2020 einen kostenlosen Monat, um das autonome Fahren unter Aufsicht des Fahrers selbst auszuprobieren. „Mit der neuen Version 12 ist es wesentlich besser geworden“, schwärmt Musk. Das mag stimmen. Geht man nach den Erfahrungsberichten in Tesla-Foren verbessert dies jedoch nicht unbedingt das Fahrerlebnis. FSD verhalte sich wie ein Fahranfänger, wird dort geklagt, inklusive der Tendenz, sehr rasant Abfahrten zu nehmen oder abwechselnd sehr defensiv zu fahren.

Wird der Regulierer Musk Träumen vom autonomen Fahren einen Riegel vorschieben, zumal die Straßenverkehrsaufsicht immer noch wegen Unfällen mit Teslas Fahrassistenzsystem Autopilot gegen das Unternehmen ermittelt? Anfang April hatte sich Tesla mit der Familie eines Apple-Ingenieurs, der im Frühjahr 2018 mit seinem Model X im Silicon Valley tödlich verunglückt war, überraschend geeinigt, anstatt es auf ein öffentliches Gerichtsverfahren ankommen zu lassen. Die Familie hatte darauf beharrt, dass der Autopilot schuld am Unfall sei.

Tesla macht weiterhin Profit

Musk ist hier optimistisch, dass die Regulierer keine Steine in den Weg legen. Schließlich hätten andere autonome Autohersteller bereits „den Weg durch den Regulierungsdschungel gebahnt“, unter anderem Waymo in San Francisco. Und er stellt – typisch Musk – die Argumentation auf den Kopf. Die Daten würden zeigen, dass autonome Autos sicherer als von Menschen gesteuerte sind. „Wenn man die Autonomie aufgibt, bedeutet das, dass Menschen getötet werden“, behauptet Musk.

Für ihn ist die Entwicklung mit der von Fahrstühlen vergleichbar, die früher von Aufzugführern bedient wurden. „Heute steigen wir einfach in einen Aufzug und drücken einen Knopf.“ Genauso werde das beim Auto sein. „Wir bringen das Auto ins Automobil.“

Auch die Verhandlungen mit einem großen Fahrzeughersteller, der FSD lizensieren will, würden fortgeführt. Zudem könne man FSD – am Anfang als Fahrassistenzsystem – relativ schnell weltweit einführen, auch in China. Man müsse es zwar auf länderspezifische Regeln programmieren, aber das sei machbar. „Es ist wie beim Menschen. Sie können in einem fremden Land ein Auto mieten und damit gut fahren.“

Ist diese seit über zehn Jahren von Musk vorgetragene Vision immer noch glaubwürdig genug, um Teslas Position als wertvollster Autoanbieter der Welt langfristig zu verteidigen? Der Börsenwert, der in Hochzeiten einen Wert von 1,2 Billionen Dollar erreichte, steht – den nachbörslichen Aufschwung am Dienstag eingerechnet – derzeit bei 500 Milliarden Dollar. Der Abstand zum Zweitplatzierten – Toyota – beträgt nur noch 125 Milliarden Dollar.

Andererseits macht Tesla in einem besonders für Elektrofahrzeuge extrem schwierigen Markt immer noch Profit, auch wenn fast vierzig Prozent des Gewinns aus dem Emissionshandel stammt. Und wenn die Notenbanken wieder die Zinsen senken, sollten auch Autokredite attraktiver werden. Musk bekräftigte am Dienstag den Plan, weiterhin die Fahrzeuge seines Unternehmens erschwinglicher zu machen. Da viele traditionelle Fahrzeughersteller ihr Geschäft mit Elektrofahrzeugen zurückgefahren hätten, gebe es auch beim Einkauf wieder bessere Konditionen. Bei Akkus beispielweise herrsche derzeit ein Überangebot.

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