VW, AFD UND UNIVERSITäTEN: WIRTSCHAFTSSPIONAGE IST WIE DOPING

Sollte Deutschland selbst aktiv technologisch spionieren? Bloß nicht! Kurzfristig mag das Erfolge bringen, langfristig ruiniert es den Charakter. Ein Kommentar.

Chinesische Spione, so legen es die Enthüllungen und Festnahmen der vergangenen Tage nahe, haben Deutschland längst unterwandert. Digital spähen sie unsere Großkonzerne aus, getarnt als wissenschaftliche Mitarbeiter oder Geschäftspartner entwenden sie Technologie und beeinflussen politische Parteien. Und der deutsche Staat? Müht sich, wo er kann – und ist doch überfordert, und sei es nur von der schieren Menge an Attacken.

Also: Auf zum Gegenangriff, ab jetzt wird zurückgelauscht! Diese Forderung liegt auf der Hand. Und sie trifft zunächst einen richtigen Punkt: Ganz offensichtlich boomt die globale Spähindustrie derzeit wie nie – und Deutschland, eine offene Volkswirtschaft mit vielen höchst innovativen Unternehmen, zählt dabei zu den beliebtesten Opfern.

Zugleich holt China seit Jahren technologisch rasant auf, von der Batterietechnik bis zur Softwareentwicklung gäbe es also längst diverse Felder, wo deutsche Wissenschaftler und Unternehmer zu gern wüssten, was ihre chinesischen Konkurrenten so treiben. Und überhaupt: Die anderen, die Amerikaner, Franzosen, Israelis, tun es doch auch.

Neue Informationskanäle nötig

Das aber wäre eine schwere Fehleinschätzung. Denn staatlich organisierte Wirtschaftsspionage ist wie Doping: Wer einmal damit anfängt, zerstört den Geist des Wettbewerbs – und leidet darunter, als freie Marktwirtschaft, letztlich selbst am meisten. Natürlich, zunächst könnte es etwa den deutschen Autobauern womöglich einen Vorteil bringen, wenn sie vom BND exklusiv gesteckt bekämen, in welcher Zusammensetzung und Anordnung die verschiedenen Metalle in chinesischen E-Auto-Batterien tatsächlich platziert sind.

Aber dabei würde es eben nicht bleiben. Wer Wirtschaftsspionage erfolgreich betreiben will, der muss weitergehen. Muss Kanäle schaffen, auf denen Unternehmen, wissenschaftliche Organisationen und staatliche Stellen Informationen austauschen. Damit Dienste Wirtschaftsspionage erfolgreich betreiben können, müssen aus Geschäftsgeheimnissen behördliche Verschlusssachen werden. Plötzlich ist nichts mehr geheim – und zugleich alles. Kein Unternehmen kann sich dann noch darauf verlassen, dass ein Geschäftspartner Informationen vertraulich behandelt. Und niemand kann dann noch beurteilen, ob ein Unternehmen gerade ein wirklich neues, technologisch innovatives Produkt vorstellt – oder nur eine perfekte Kopie, sponsored by BND. Es wäre das Ende des fairen Wettbewerbs.

In einem Staatskapitalismus wie China, wo ohnehin in jeder Unternehmensleitung immer ein Parteisekretär mitschreibt, ändert das wenig. Einer freien Marktwirtschaft aber ruiniert das den Charakter.

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