THOMAS HEILMANN: „DIE VERFAHREN IM BUNDESTAG FüHREN ZU SCHLECHTEN GESETZEN“

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Heilmann begründet, warum er zum zweiten Mal gegen eilige Klima-Gesetze der Ampel vors Bundesverfassungsgericht gezogen ist. Und warum er das im Alleingang tut.

Der Unternehmer und Berliner Bundestagsabgeordnete Thomas Heilmann (59) hat schon das Heizungsgesetz der Ampelkoalition mit Verweis auf Verfahrensmängel aufgehalten. Der Jurist begründet seinen neuen Antrag auf einstweilige Anordnung beim Bundesverfassungsgericht – nun gegen die Novelle des  Klimaschutzgesetzes - damit, dass die Demokratie bessere Verfahren und dadurch bessere Ergebnisse brauche. Heilmann ist außerdem Chef der Klimaunion, eines Zusammenschlusses von CDU- und CSU-Mitgliedern, die die Erderwärmung effektiv begrenzen wollen.

WirtschaftsWoche: Herr Heilmann, worum geht es hier – um Mängel in der Arbeit der Regierungsfraktionen oder einen Erfolg der Opposition gegenüber der Ampel?

Thomas Heilmann: Weder noch. Ich kann in diesem Eilverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht nur feststellen lassen, ob das Verfahren rechtmäßig ist oder nicht. Die Inhalte des Klimaschutzgesetzes kommen nicht zur Sprache. Die Bedenken dagegen spielen bei meinem Vorgehen aber schon eine Rolle. Es ist ein Regelwerk mit generationenübergreifender Wirkung. Wir hatten im Bundestag zur Prüfung des Gesetzes und des Änderungsantrages nur vier Tage Zeit. Solch ein Verfahren wäre nicht mal im Kleingartenverein und bei geringeren Entscheidungen rechtmäßig. Erst ganz am Ende kamen wichtige Informationen dazu, etwa wie hoch die Strafen ausfallen, wenn der Verkehrssektor seine Ziele doch verfehlt. In der Summe sind die Verfahrensfehler sehr erheblich.  

Das Klimaschutzgesetz lag eine längere Zeit im Bundestag ohne Einigkeit in der Koalition. Warum musste es aus Ihrer Sicht plötzlich so schnell gehen? 

Nach dem Drohbrief von Bundesverkehrsminister Volker Wissing zu möglichen Fahrverboten ist der Druck in den Regierungsfraktionen wohl gestiegen, das Thema schnell über die Bühne zu bringen. Dann hat es aber keine Anhörung gegeben – man wollte sich wohl nicht der Peinlichkeit aussetzen, dass Sachverständige das Gesetz und das Vorgehen zerlegt hätten. Es gibt aber keine Eile. Fahrverbote würden bei einem Verstoß gegen das bisherige Klimaschutzgesetz nicht sofort drohen. Wenn man aber zu wenig tut, wie nach der Neufassung wahrscheinlicher wird, dann werden wir in den 2030er Jahren Fahrverbote haben. Dann wird uns schon das EU-Recht zwingen, harte Maßnahmen durchzusetzen. Das Gesetz ist nur ein Verschiebebahnhof.

Sie sind auch gegen das Heizungsgesetz von Wirtschaftsminister Robert Habeck losgezogen und haben es mit Hilfe des Bundesverfassungsgerichtes aufgehalten. Warum werden Sie eigentlich nicht von Ihrer Fraktion unterstützt? Haben die Unionsregierungen vielleicht ähnlich gehandelt?

Die Ampel setzt in größerem Umfang eine Praxis fort, die es leider auch in der Regierungszeit von Angela Merkel gegeben hat. Es geht um sehr kurzfristige Änderungen mit weitreichenden Folgen, aber ohne ausreichende Beratungen im Bundestag. Es geht hier aber nicht um das Recht der Fraktion, sondern um das der einzelnen Abgeordneten. Vor allem aber kam hier alles tatsächlich holterdipolter. Ich habe meinen Antrag fürs Bundesverfassungsgericht quasi über Nacht fertigstellen müssen. Da wäre schon keine Zeit gewesen, das durch die Fraktionsgremien zu bringen.

Wie geht es weiter in Karlsruhe?

Das Gericht kann eigentlich nur vor Freitagfrüh entscheiden, wenn das Gesetz vorerst verabschiedet werden soll. Morgen um 11.20 Uhr steht es zur Beratung auf der Tagesordnung des Bundestages. Das ist ein enormes Tempo, das Gericht ist sehr belastet mit Arbeit. Ich wusste aber auch bei meinem Verfahren gegen das Heizungsgesetz nicht, wann und ob eine Entscheidung kommt. Die gab es dann aber rechtzeitig.

Sie haben zwei Verfahren initiiert. Das Eilverfahren, ob Ihre Rechte als Abgeordneter durch die sehr kurzen Fristen verletzt sind und ein Hauptsacheverfahren, wie der Bundestag über weitreichende Gesetze wie das Heizungsgesetz und das Klimaschutzgesetz eigentlich beraten muss.  

Ich möchte in der Hauptsache ein Grundsatzurteil erreichen, welche Entscheidungen nicht unter großer Eile getroffen werden dürfen. Das Heizungsgesetz, das eine Umrüstung der allermeisten Heizungen und hohe Investition erfordert, gehört für mich dazu. Das gilt für mich auch für das Klimaschutzgesetz, das Folgen für mehrere Generationen hat.  

Mit den Verfahren haben Sie Aufmerksamkeit erzielt. Hilft das der Demokratie oder sorgt das für Verdruss? Alle Regierungen haben ja versucht, einzelne Gesetze im Eiltempo durchzudrücken…

Als Abgeordneter und Bundesvorsitzender der Klimaunion versuche ich, konstruktive Vorschläge rund um die Themen Klima und Energie zu erarbeiten. Schon seit Jahren, auch in der Regierungszeit Merkel, habe ich kritisiert, dass die Verfahren im Bundestag nicht gut sind. Sie führen zu schlechten Gesetzen. Ich streite dafür, dass wir den öffentlichen Sektor besser organisieren. Alle unsere Aufgaben, von Bildung über Digitalisierung bis zum Klimaschutz, müssen wir besser erfüllen. Dabei ist die Arbeit des Deutschen Bundestages ein wichtiger Aspekt.

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