MäNNERSACHE UNTERNEHMENSFüHRUNG

Mehr als die Hälfte der großen Familienunternehmen in Deutschland hat keine Frau im Führungsteam. Die Dinge ändern sich nur langsam, so ein neuer Bericht der AllBright-Stiftung.

Eine rein männlich besetzte Geschäftsführung ist bei deutschen Firmen nicht die Ausnahme, sondern die Norm. Um das zu ändern, erstellt die deutsch-schwedische AllBright-Stiftung regelmäßig Reports, in denen sie untersucht, wie es um Gleichberechtigung und Diversität in den deutschen Führungsetagen bestellt ist.

Nun hat die Stiftung die 100 größten Familienunternehmen untersucht. Der Frauenanteil in deren Geschäftsführungen beträgt demnach 12,6 Prozent.

Seit der letzten Untersuchung 2022 ist der Anteil um gut vier Prozentpunkte gestiegen. Es tut sich also was bei den Familienunternehmen. "Das Ende des Dornröschenschlafs", nennen das die Geschäftsführer der AllBright-Stiftung, Wiebke Ankersen und Christian Berg, in ihrem am Dienstag veröffentlichten Bericht mit dem Titel: "Generationswechsel als Chance".

Sie sehen den altersbedingten Rückzug einiger Patriarchen als Chance für die Frauen. "In den Familien sind es oft über eine ganze Generation hinweg dieselben Personen, die strategisch den Ton angeben", heißt es dort. In börsennotierten Unternehmen erfolge der Wechsel dagegen meist schneller.

"Je privater das Unternehmen, desto männlicher"

So hinken die Familienunternehmen gegenüber börsennotierten Konzernen deutlich hinterher. Bei den Vorständen der 160 Firmen, die in den drei wichtigsten Indizes der Frankfurter Börse gelistet sind - die großen im DAX, die mittleren im MDAX und die kleineren im SDAX, liegt der Frauenanteil inzwischen bei 19 Prozent.

Von den 100 größten Familienunternehmen sind 20 an der Frankfurter Börse notiert, die Familien halten jeweils einen signifikanten Anteil der Aktien. Dazu gehören der Autobauer BMW, der Autozulieferer Continental, der Konsumgüter- und Klebstoffhersteller Henkel und der Chemie- und Pharmakonzern Merck.

Der Frauenanteil in den Vorständen der börsennotierten Familienunternehmen entspricht mit 19,6 Prozent dem Durchschnitt aller Aktiengesellschaften. In Familienunternehmen, die nicht an der Börse gelistet sind, ist der Anteil der Frauen in der Geschäftsführung nur gut halb so hoch (10,6 Prozent). "Je privater das Unternehmen, desto männlicher die Führung", heißt es dazu im Bericht der Stiftung.

Tradition und Familie

Noch traditioneller geht es zu, wenn man die Familien betrachtet, denen die Unternehmen gehören. Nur bei jedem dritten untersuchten Unternehmen (34 Prozent) spielen Mitglieder der Eigentümerfamilien eine aktive Rolle im Management. Aber wenn das der Fall ist, sind es weit überwiegend Männer. Frauen kümmern sich mehrheitlich um die Stiftungen der Unternehmen, sei es zu wohltätigen Zwecken oder zur Förderung von Kunst und Kultur.

Egal ob angestellte Manager oder jemand aus der Familie der Gesellschafter: Von den 100 untersuchten Familienunternehmen gab es bei knapp der Hälfte (47) mindestens eine Frau in der Geschäftsführung. Der Pharmakonzern B. Braun Meldungen und der Motorwerkzeughersteller Stihl hatten sogar drei Frauen im Vorstand.

Keine einzige Frau im Führungsteam

Umgekehrt heißt das: etwas mehr als die Hälfte der Firmen (53 Prozent) hat keine einzige Frau im Führungsteam. Dazu gehört die Schwarz-Gruppe, die unter anderem die Supermarktketten Lidl und Kaufland betreibt.

Auf ihrer Webseite betont die Gruppe, die fast 600.000 Mitarbeitende beschäftigt, 41,7 Prozent der Führungspositionen seien mit Frauen besetzt. Da aber, wo die wirklich wichtigen Entscheidungen getroffen werden - im neunköpfigen Vorstand - gibt es keine einzige Frau.

Von der DW nach den Gründen gefragt, schrieb eine Sprecherin des Unternehmens: "Seit Jahren sind zahlreiche Frauen bei uns in der Geschäftsführung, der Geschäftsleitung sowie im Vorstand tätig." Dabei bezog sie sich vermutlich auf die diversen Unternehmen der Schwarz-Gruppe. Zu den Gründen für den ausschließlich männlich besetzen Gruppen-Vorstand äußerte sich die Sprecherin nicht.

Die Fressnapf-Gruppe, nach eigenen Angaben "Europas Nummer Eins im Heimtierbedarf", ist mit 18.000 Mitarbeitenden deutlich kleiner. Doch in ihrer zehnköpfigen Geschäftsführung sieht es aus wie bei Schwarz: keine einzige Frau.

"Langfristiger Transformationsprozess"

Auf Anfrage der DW bat ein Sprecher des Unternehmens um Geduld. "Wir befinden uns in einem langfristigen Transformationsprozess", so der Sprecher per E-Mail. Es gebe "interne Programme zur Förderung von Chancengleichheit", aber man sei sich bewusst, das "Zielbild" noch nicht "in allen Bereichen und auf allen Ebenen" erreicht zu haben.

Der Hamburger Handelskonzern Otto-Group ist da schon weiter. Bisher gab es eine Frau im sechsköpfigen Vorstand. Im Frühjahr 2025 kommen zwei weitere hinzu: Petra Scharner-Wolff als Vorstandsvorsitzende und Katy Roewer als Finanzchefin.

Autor: Andreas Becker

2024-05-07T07:49:35Z dg43tfdfdgfd