EINBüRGERUNG IN DEUTSCHLAND: NEUES GESETZ ZUR STAATSANGEHöRIGKEIT TRITT AM 26. JUNI 2024 IN KRAFT

In Zeiten steigender Zuwanderung hat die Ampel-Koalition eine Reform des Staatsbürgerschaftsrechts beschlossen. Sie gilt als umstritten. Doch was verändert sich wirklich und unter wie kann man eingebürgert werden?

Ihr Vorhaben, das deutsche Staatsbürgerschaftsrecht zu reformieren, hatte die Ampel Ende 2021 in ihrem Koalitionsvertrag verankert. Als die Umsetzung konkreter wurde, erntete die Regierung jedoch auch viel Kritik für ihr Vorhaben. Denn: Der Gesetzesentwurf sah nicht nur eine Modernisierung des Staatsbürgerschaftsrechts vor, sondern auch eine Erleichterung von Einbürgerungen. Der CSU-Politiker Joachim Herrmann sprach etwa vom „Verramschen“ der deutschen Staatsbürgerschaft, während Innenministerin Nancy Faeser ihr Vorhaben mit den Worten verteidigte: „Den Wohlstand von morgen schaffen wir nicht mit den Regeln von gestern“. Im Januar wurde das Gesetz vom Bundestag verabschiedet. Doch welche neuen Regeln gelten 2024 für den Erwerb der Staatsbürgerschaft? Ein Überblick.

Was bedeutet Einbürgerung?

Von einer Einbürgerung spricht man dann, wenn Menschen mit Migrationsgeschichte die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten. Ausgestellt werden der jeweiligen Person damit die Ausweisdokumente der Bundesrepublik Deutschland. Zudem erlangt sie faktisch dieselben Rechte wie eine Person, die in Deutschland geboren wurde. Dazu gehört beispielsweise das Wahlrecht.

Eine Möglichkeit der Einbürgerung besteht zum Beispiel für Fachkräfte aus dem Ausland. Generell gilt für die Einbürgerung in Deutschland ein Mindestalter von 16 Jahren. Zuvor können Kinder unter spezifischen Bedingungen gemeinsam mit ihren Eltern eingebürgert werden. Kinder, die in Deutschland geboren sind und deren Eltern hier leben, erhalten automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft.

Welche Voraussetzungen gibt es für die Einbürgerung in Deutschland und was ändert sich 2024?

Unter welchen Voraussetzungen man die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten und damit eingebürgert werden kann, steht im sogenannten Staatsangehörigkeitsgesetz (kurz: StAG). In 42 Paragraphen findet man dort die Regularien rund um Antragsberechtigung, Aufenthaltsdauer, Ehe und Lebenspartnerschaft, Herkunft und Flucht sowie verschiedene Altersklassen. Die nun verabschiedeten Änderungen im Gesetz beziehen sich vor allem auf die Artikel 4 und 10. Sie treten ab dem 26. Juni 2024 in Kraft. 

Die tatsächliche Einbürgerung bleibt nach wie an zahlreiche Voraussetzungen gebunden. Sind all diese Voraussetzungen erfüllt, geht es um eine sogenannte Anspruchseinbürgerung. Kann eine der Voraussetzungen aber nicht erfüllt werden, gilt die Einbürgerung zunächst als gescheitert. In einzelnen Fällen können die zuständigen Behörden dann jedoch einer Ermessenseinbürgerung zustimmen, etwa, wenn hinsichtlich anderer Zugangsvoraussetzungen besonders gute Leistungen erbracht werden. Eine Übersicht:Aufenthalt- und AufenthaltsdauerBisher galt: Wer eingebürgert werden wollte, musste zuvor schon mindestens acht Jahre in Deutschland gelebt haben. Es geht dabei um einen berechtigten Aufenthalt. Dafür braucht man eine Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis oder eine Blaue Karte. Eine Ausnahme bestand lediglich für EU-Bürger. Eine Duldung, etwa von abgelehnten Asylbewerbern, reichte nicht aus. Die Aufenthaltsdauer von acht Jahren konnte jedoch verkürzt werden. Wurde ein Integrationskurs vollständig absolviert, verringerte sich die Mindestaufenthaltsdauer auf sieben Jahre, bei besonderen Integrationsleistungen (zum Beispiel bei abgeschlossener Ausbildung oder Studium in Deutschland) auf sechs Jahre.

Nach dem neuen Staatsbürgerschaftsrecht soll die Mindestaufenthaltsdauer nun auf fünf Jahre verringert werden. Durch gelungene Integration soll der Mindestaufenthalt auch weiterhin verkürzt werden können. Bei besonderen Integrationsleistungen würde der kürzeste Zeitraum nun drei Jahre betragen, bevor eine Einbürgerung möglich wird.SprachkenntnisseEntscheidend ist und bleibt das sogenannte „B1-Niveau“. Das beschreibt das Minimum an Deutsch-Kenntnissen, die für eine Einbürgerung notwendig sind. Auf welche Weise die aber erlangt werden, kann unterschiedlich sein. Ein Schulabschluss in deutscher Sprache umfasst etwa schon das B1-Niveau. Wurden anderweitig Sprachkurse absolviert und Sprachzertifikate erworben, sollen diese behördlich geprüft werden. Wer das nicht nachweisen kann, muss dagegen einen Sprachtest für Zuwanderer ablegen. Ausgenommen sind Menschen mit Behinderung oder Krankheiten, die das Erlernen der deutschen Sprache unmöglich machen. Darüber hinaus gilt eine Altersgrenze von 65 Jahren. Ab diesem Alter entfällt der Sprachtest. Mit dem neuen Gesetz soll er zudem für die sogenannte Gastarbeitergeneration entfallen. Dazu zählen Gastarbeiter und Vertragsarbeitnehmer, die bis 1974 in die Bundesrepublik oder bis 1990 in die ehemalige DDR eingereist sind. Diese Generation ist aber zumeist ohnehin schon 65 oder älter.LebensunterhaltErhalten bleiben soll zudem der Grundsatz: Wer eingebürgert werden möchte, muss selbst für seinen Lebensunterhalt aufkommen (können). Wie viel Geld man am Ende verdienen muss, um diese Voraussetzung zu erfüllen, ist aber oft unterschiedlich. Zum Beispiel kommt es darauf an, wie viele Personen an welchem Ort und in welchen Wohnverhältnissen leben, wie viele Personen von dem Einkommen leben müssen und ob es weitere erwerbstätige Personen in der Familie gibt. Der Bezug von Grundsicherung, Bürgergeld oder ähnlichen Leistungen gilt entsprechend als Hindernis. Es sei denn, es gibt dauerhafte und schwerwiegende gesundheitliche Gründe.Abgabe der vorherigen StaatsbürgerschaftFür viele Migranten war die Einbürgerung zuletzt mit einer sehr persönlichen Hürde verbunden. Die soll nun abgeschafft beziehungsweise aufgeweicht werden. So war bislang üblich, dass mit der Einbürgerung die Aufgabe einer bisherigen Staatsbürgerschaft einherging. Ausgenommen davon waren Bürger anderer EU-Länder sowie einzelner Nicht-EU-Staaten, darunter die Schweiz, aber auch Afghanistan, Iran oder Marokko. Sie konnten bisher schon die doppelte Staatsbürgerschaft erhalten.

Zukünftig soll die doppelte Staatsbürgerschaft nicht mehr nur auf wenige Länder beschränkt sein, sondern per se möglich werden, indem der „Grundsatz der Vermeidung von Mehrstaatigkeit“ an, entfällt. Von deutscher Seite steht damit auch der Annahme einer anderen ausländischen Staatsbürgerschaft an, ohne den deutschen Pass abgeben zu müssen. Es kommt dann jedoch darauf, welche Kriterien das jeweilige Land für die Einnahme seiner Staatsbürgerschaft voraussetzt und ob dieses die doppelte Staatsbürgerschaft erlaubt.

Kritiker sehen in der generellen Erlaubnis des Doppelpasses  ein Integrationshindernis und fürchten ein womöglich fehlendes Bekenntnis zur deutschen Demokratie und dem Grundgesetz. Der Vorwurf: Indem die eindeutige Entscheidung für eine  Staatsbürgerschaft wegfällt, wackelt auch das eindeutige Bekenntnis zu Deutschland. Allerdings müssen sich Einbürgerungswillige im Laufe des Verfahrens zumindest schriftlich und vor Ausgabe der Einbürgerungsbestätigung auch mündlich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen. Zudem sind Straftaten, die während des Aufenthalts in Deutschland mit mehr als 90 Tagessätzen bestraft wurden, ein zwingender Hinderungsgrund.

Welche Dokumente und Zeugnisse braucht man für die Einbürgerung in Deutschland?

Damit Migranten hierzulande erfolgreich einen Antrag auf Einbürgerung stellen können, müssen sie einige persönliche Dokumente als Nachweis ihres berechtigten Aufenthalts und eines legitimen Interesses am deutschen Pass vorweisen könnten. Zudem müssen sie die Herkunft und familiäre Abstammung belegen können. 

Für das Einbürgerungsverfahren sind laut den Online-Auftritten des Bundes folgende Dokumente vorzulegen:Geburtsurkunde

Abstammungsurkunde

Heiratsurkunde

Familienbücher

Ausländische Personaldokumente (z. B. Reisepass, Identitätskarten, Ausländerausweise)

Unterlagen zum Sorgerecht (bei Personen unter 16 Jahren)

Bescheinigungen über Namensänderungen

Aufenthaltsberechtigung

Nachweise über weitere StaatsangehörigkeitenLiegen Nachweise über einen Schulabschluss, ein aktuelles oder abgeschlossenes Studium in deutscher Sprache oder absolvierte Berufsausbildungen vor, können sie zur Vereinfachung beitragen. Das gilt auch für Dokumente zu absolvierten Sprachkursen.

Was kostet eine Einbürgerung in Deutschland?

Für die Einbürgerung fällt eine pauschale Gebühr an. Für eine Einzelperson liegt sie aktuell bei 255 Euro. Dabei soll es auch nach Inkrafttreten der neuen Beschlüsse zum Staatsbürgerschaftsrecht am 26. Juni 2024 zunächst bleiben. Für minderjährige Familienmitglieder, die zeitgleich ebenfalls eingebürgert werden sollen, erhöhen sich die Kosten um 51 Euro je Familienmitglied. Für unbegleitete Minderjährige oder Minderjährige ab 16 Jahren, die ohne ihre Eltern die Einbürgerung beantragen, liegen die Kosten laut dem Bundesministerium für Migration und Flüchtlinge ebenfalls bei 255 Euro. Oft wird es allerdings noch etwas teurer. Etwa dann, wenn für die Übersetzung von Dokumenten aus dem Herkunftsland Kosten anfallen. Auch die Ausstellung der Pässe bei einem erfolgreichen Verfahren kostet noch einmal Geld.

Gibt es einen Einbürgerungstest in Deutschland? Kann man ohne Einbürgerungstest eingebürgert werden?

Ein viel diskutiertes Thema ist dieser Tage auch der Einbürgerungstest. Der gehört seit vielen Jahren zum üblichen Verfahren einer Einbürgerung. Laut dem zuständigen Bundesministerium für Migration und Flüchtlinge soll er bei Einbürgerungen Kenntnisse zu „Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland“ sicherstellen.

Aktuell umfasst der Einbürgerungstest in allen Bundesländern 33 Fragen. Die drehen sich vor allem um die Themen „Leben in der Demokratie“, „Geschichte und Verantwortung“ und „Mensch und Gesellschaft“. In drei Fragen geht es um das Bundesland, in dem man lebt. Das sind allerdings nicht immer dieselben Fragen. Der Fragenkatalog umfasst insgesamt 310 verschiedene Fragen, aus welchen sich die unterschiedlichen Fragebögen zusammensetzen können. 17 der 33 Fragen aus dem jeweiligen Fragebogen müssen dann richtig beantwortet werden. 

Ende März wurde bekannt, dass das Bundesinnenministerium um die vorsitzende Ministerin Faeser den Fragenkatalog zum Einbürgerungstest in Kürze umfassend erneuern will. So sollen künftig verstärkt Fragen zum jüdischen Leben in Deutschland eine Rolle spielen. Die Überarbeitung der Fragen sei, wie der „Spiegel“ unter Berufung auf das Bundesministerium zuerst berichtete, auch „unter dem Eindruck von Gewalt und Parolen gegen Juden in Deutschland“, die seit dem Ausbruch des Krieges in Israel zugenommen haben, geschehen. „Antisemitismus, Rassismus und andere Formen der Menschenverachtung schließen eine Einbürgerung aus“, bekräftigte Faeser. Entsprechend sollen von einbürgerungswilligen Migranten künftig auch Fragen zum Holocaust beantwortet werden. Diese Verantwortung sei Teil Deutschlands heutiger Identität, wie Faeser sagte. Die Idee, vor Einbürgerungen ein explizites Bekenntnis zum Existenzrecht Israels zu verlangen, soll laut den Berichten des Magazins allerdings nicht umgesetzt werden. Inzwischen ist dies auch durch das Bundesinnenministerium bestätigt.

Ist der Test nicht bestanden, gilt die Einbürgerung zunächst als gescheitert. Allerdings gibt es die Möglichkeit erneut anzutreten. Das alles ist geregelt in einer eigenen Verordnung, der Einbürgerungstestverordnung (EinbTestV). Dessen Grundlage ist wiederum das schon erwähnte Staatsangehörigkeitsgesetz.

Zuletzt kursierte mitunter das Gerücht, dass der Einbürgerungstest mit dem neuen Staatsbürgerschaftsrecht abgeschafft wird. Einbürgerungswillige könnten demnach ohne einen Test direkt eingebürgert werden. Das ist aber nur teilweise richtig. Auch im bisherigen Staatsbürgerschaftsrecht gab es einige Ausnahmeregelungen, unter denen Menschen ohne Einbürgerungstest eingebürgert werden konnten. Das war jedoch nicht die Regel und soll auch mit dem neuen Gesetz nicht die Regel werden. Allerdings sieht das neue Gesetz vor, dass die Ausnahme um eine weitere Gruppe erweitert werden soll. Dabei geht es um die sogenannte Gastarbeitergeneration, demnach um Migranten, die schon viele Jahrzehnte in Deutschland leben. Für sie soll der Einbürgerungstest – als Anerkennung ihrer Leistungen – künftig entfallen, ebenso soll ein Sprachtest nur noch in mündlicher Form erfolgen.

Wie lange dauert eine Einbürgerung in Deutschland?

Die Dauer einer Einbürgerung lässt sich nicht pauschal beziffern. Das hängt nicht nur damit zusammen, dass sich die Biographien der Einbürgerungswilligen stark unterscheiden. In vielen Fällen müssen auch Dokumente aus den Herkunftsländern gesondert geprüft oder auch zusätzlich eingeholt werden. Sollen mehrere Personen zugleich, zum Beispiel Elternteile mit ihren Kindern eingebürgert werden, kann sich das Verfahren ebenfalls verlängern. Hinzu kommen weitere Einflussfaktoren, etwa ob das Aufkommen an neuen Anträgen hoch oder gering ist.

Die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts dürfte erwartungsgemäß zu einer Menge neuer Anträge führen. In den letzten Jahren sind zudem außergewöhnlich viele Menschen nach Deutschland zugewandert, die künftig einen Anspruch auf Einbürgerung erheben können. Aktuell findet sich deshalb auf vielen Webseiten von Bund und Bundesländern der Verweis auf eine längere Bearbeitungszeit. 

In NRW heißt es dazu beispielsweise: „Von der Antragstellung bis zur Aushändigung der Urkunde kann es in manchen Fällen länger als ein Jahr dauern.“ Auch das Bundesverwaltungsamt spricht derzeit von rund 12 Monaten Bearbeitungsdauer. Auszugehen ist daher, je nachdem, wie kompliziert und umfangreich das Verfahren ist, von zumindest einigen Monaten. Meist dürfte es jedoch ein Jahr dauern, bis man den deutschen Pass in der Hand hat.

Können auch Flüchtlinge in Deutschland eingebürgert werden?

Insbesondere ab dem Jahr 2015 ist die Zahl der Flüchtlinge in Deutschland deutlich gestiegen. Auch im vergangenen Jahr stellten rund 136.000 Flüchtlinge einen Asylantrag in Deutschland, wobei die aus der Ukraine geflüchteten Menschen noch nicht eingerechnet wurden. Inwieweit Geflüchtete einen Anspruch auf eine Einbürgerung haben, ist daher eine relevante Frage. Sie lässt sich jedoch leicht beantworten: Für Geflüchtete gelten weitestgehend Regeln wie für andere Migranten auch, allerdings ist eine Anerkennung des Asylantrags die entscheidende Voraussetzung. Eine Duldung, ein negativer Asylbescheid oder eine drohende Abschiebung stehen einer Einbürgerung hingegen im Weg.

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